Hast du heute schon was aufgeschoben so wie ich heute?
Bist du vielleicht ein paar Minuten länger im schönen, warmen Bett liegen
geblieben? Oder Danach hast du noch im Internet
gesurft, anstatt dich fertig zu machen und zum Joggen zu gehen. Ich habe bevor
ich diesen Beitrag geschrieben habe zuerst mal gemütlich Kaffee getrunken.
Aufschieberitis oder in Fachkreisen auch Prokrastination genannt ist ein
ganz normales Verhalten für uns Menschen.
Jeder schiebt mal auf –
meistens sogar täglich.
Richtig problematisch wird es aber dann, wenn wir ständig oder regelmäßig
aufschieben und so unsere Aufgaben wie z.B. das Ausdauertraining oder das
Fahrtechnik-Training gar nicht erst machen oder wir Aufgaben, wie Bike
herrichten oder Tasche packen erst auf den letzten Drücker erledigen. Also
weder zeitnah noch stressfrei.
Kleiner Aufschieberitis wie ein paar Minuten länger im Bett liegen, oder
noch einen Kaffee trinken, ist eher nicht das Problem. Vielleicht war es eher
Trödeln, doch ich war pünktlich beim Sport und dieser Text ist auch rechtzeitig
fertig geworden.
Wann Aufschieberitis wirklich zum Problem wird und weshalb der Begriff des
„inneren Schweinehund“ problematisch ist und wie du ihn zu deinem Freund machst,
will ich dir hier erklären.
Wenn wir aufschieben, ist eigentlich klar, was passiert:
Ich weiß,
was ich tun soll oder will,
doch irgendetwas anderes ist attraktiver für mich.
Oder anders gesagt: der kurzfristige Gewinn z.B. Mad Skills auf dem
Handyspielen gewinnt über den längerfristigen Nutzen z.B. Ausdauertraining.
Das Zocken am Smartphone löst bei mir angenehme Gefühle aus, das Ausdauertraining
zwar auch, ist aber dennoch mit mehr Aufwand verbunden.
Trotzdem war der langfristige Gewinn (hier: Ausdauertraining) für mich so
attraktiv, dass ich mich dann eben doch gegen Zocken entschieden habe um Laufen
zu gehen – und als ich los gelaufen bin hatte ich ein sehr gutes Gefühl und es
hat auch noch richtig Spaß gemacht!
Leider ist es nicht immer so. Im Gegenteil: Manchmal schaffen wir es fast
nicht wirklich ins Handeln zu kommen. Das einzige Handeln ist dann das Ein
handeln von
Problemen.
Das Problem mit dem inneren Schweinehund
Oft sprechen wir ja so gerne vom inneren Schweinehund, der uns im Weg steht.
Achtung! Diese Formulierung ist hoch-problematisch.
Wir können nämlich die Prokrastination nicht einfach auf ein Fabelwesen
projizieren, das sozusagen neben uns steht und uns schaden will. Im Gegenteil!
Aufschieberitis ist nichts anders als ein
Motivkonflikt in uns selber.
Wenn man so will, bestehen wir aus verschiedenen Teilen. Jeder Teil von uns
will nur das Beste für uns – auch der sogenannte innere Schweinehund. Der sitzt
übrigens in unserem Unterbewusstsein.
Nun kann es sein, dass unser Verstand und unser Unterbewusstsein etwas
völlig anderes wollen.
Mein Verstand: „Steht auf, geh zum Sport, das tut dir gut, gibt dir Power
und du fühlst dich den ganzen Tag wunderbar“.
Mein Unterbewusstsein aber: „Heute ist kalt, vielleicht regnet es sogar, ich
bin noch müde, das Bett ist so schön weich und warm.“
Prokrastination als Motivkonflikt
Das Unterbewusstsein meint es nicht mal böse. Sondern greift auf
verschiedene Erfahrungen zurück, die das Unterbewusste schön abgespeichert hat.
Negative Erfahrungen wie Kälte, Regen, Anstrengung beim Sport sind im Angstsystem gespeichert, die angenehme
Erfahrungen im Belohnungssystem.
Schon haben wir den Motivkonflikt. Sowohl der Verstand wie auch das
Unbewusste haben Recht und wollen nur das Beste für mich. Das Unterbewusstsein
in diesem Fall zwar eher kurzfristiges Wohlbefinden, der Verstand hingegen das
mittel- bis langfristige Wohlbefinden.
Wer gewinnt? Das kommt darauf an.
Versuche ich es mit Selbstkontrolle und mittels Disziplin mich zum Laufen
gehen zu zwingen. Dann kann das funktionieren, aber es kostet viele Ressourcen,
viel Energie und macht keinen Spaß.
Der Weg nur über die Disziplin wird vielleicht eine Zeit lang funktionieren,
doch in den nächsten Tagen und Wochen wahrscheinlich nicht mehr. Besonders
nicht morgens früh, wenn man ohnehin noch nicht so viel Power und Disziplin
hat. Vielleicht gäbe es aber eine schlauere Variante.
Was würde nämlich
geschehen, wenn es mir gelingt,
das Unterbewusste auch mit ins Boot zu holen?
Wenn
plötzlich mein Verstand und mein Unterbewusstes am selben Strick ziehen?
Ja, dann wäre ich nicht mehr zu stoppen!
So holst du dein eigenes Unterbewusste mit ins Boot
Der Begriff des „inneren Schweinehunds“ ist problematisch, doch er kann uns
hier helfen, den Motivkonflikt zu lösen.
Stell dir nur mal vor, du müsstest den inneren Schweinehund überzeugen.
Wie tätest du das?
Stell dir vor wie du einen Freund überreden willst, dass er mit dir dies
oder jenes unternimmt. Nehmen wir an, du willst am Wochenende kurzfristig nach
Italien zum Motocross Training fahren, doch dein Kumpel hat keine Lust auf die
lange Autofahrt.
Sagst du ihm dann das hier?
Denk nur an die anstrengenden Trainingseinheiten vom letzten Mal und du
weißt ja deine Kurventechnik sollten wir auch noch verbessern.
So würde wohl der Verstand argumentieren. Doch das wird weder deinen Freund
noch den inneren Schweinehund oder dein Unbewusstsein überzeugen.
Damit dein Freund mitkommt würdest du ihm doch eher so was sagen:
Hey, weißt du noch, das letzte Mal wie geile die Strecke war. Jeden Tag
frisch geschoben und wie wir beide zum ersten Mal den großen Table gesprungen
sind. Das war richtig cool! Wir können abends auch wieder in die geile Pizzeria
gehen. Weißt du noch wo die genau war?
OK, das ist ein wenig konstruiert. Doch beide Aussagen sprechen die Sprache
des Unbewussten. Sie erinnern dich an eine
gute Erfahrung und an etwas, was so
richtig
Spaß gemacht hat.
Der innere Schweinehund als Freund
Vergiss nicht: der innere Schweinehund (oder dein Unbewusstes) will auch nur
das Beste für dich. Manchmal musst du ihm einfach nur auf die Sprünge helfen
und zeigen, wie er dir wirklich zu (psychischem) Wohlbefinden verhelfen kann
und schon tut er genau das.
Lass mich noch ein Beispiel machen: Ich will eigentlich den Artikel hier
schreiben, aber irgendwie surfe ich lieber im Internet herum. Mein Unbewusstes
signalisiert: Facebook = Spaß. Arbeit= halt eben Arbeit.
Jetzt könnte ich doch hingehen und mir so richtig ausmalen, was geschieht,
wenn der Artikel hier veröffentlicht ist:
Ich kann mir ausmalen, wie andere Menschen den Artikel lesen und ihnen
vielleicht – wie mir – ein Licht aufgeht. Ich kann mir in bunten Bildern
ausmalen, wie plötzlich andere Menschen weniger aufschieben. Oder ich kann mir
ausmalen, wie die Besucherzahlen hoch gehen und der eine oder andere vielleicht
sogar ein
Produkt kauft.
Hier ist das entscheidende Stichwort: positive Bilder.
Das Unbewusste hat keine Ohren und keinen Verstand. Doch das Unbewusste (und
damit auch der innere Schweinehund) versteht Bilder, Töne, Farben usw.
Genauso beim Sport. Habe ich mal keine Lust, Sport zu machen, dann stelle
ich mir immer bildlich und ganz konkret vor, wie ich dann den ganzen Tag
produktiv, voller Energie und Power bin, wie mir das Ausdauertraining Spaß
macht und wie nach dem Sport spüre: „Heute war ein so richtig toller Tag!“ Wenn du also den inneren Schweinehund zum Freund haben willst, dann tue folgendes:
Sei dir bewusst, was du wirklich willst.
Du – nicht dein Kumpel,
deine Frau (oder dein Mann) oder sonst jemand. Sei dir bewusst, was du willst
und was dir wirklich wichtig ist.
Schaffe die Verbindung zu der Aufgabe, die
vor dir steht.
Weshalb ist es jetzt so wichtig, Ausdauertraining oder Fahrtechnik-Training zu
machen? Wie passt das Training ins „großere
Ganze“?
Male dir den Erfolg in bunten, lauter, schönen Bildern aus.
Der eigentliche „Trick“, um Aufschieberitis oder Prokrastination wirklich in
den Griff zu bekommen, besteht also darin, den Motivkonflikt zwischen deinem
Verstand und deinem Unterbewusstsein aufzulösen. Es geht darum, dich so weit zu
bringen, dass beide an einem Strick ziehen.
Natürlich kann manchmal auch die Selbstkontrolle (oder Disziplin) helfen,
doch das kann nur mal eine kurzfristige Lösung sein.
Viel schlauer ist es, den inneren Schweinehund zum Freund zu machen – denn
genau das ist er schon von Anfang an.
Viel Spaß beim besser werden wünscht Dir MX-Coach Marco